9 Feature Requests, zu denen du (wahrscheinlich) Nein sagen musst

Feature Requests, zu denen du Nein sagen musst

Das wichtigste Wort, dass du als Produktmanager kennen musst, ist: Nein

Ein Produkt zu bauen ist nicht schwer; Ideen für Features zu finden, auch nicht. Ein Produkt zu bauen, mit dem ihr eure Unternehmensziele erreichen könnt, dagegen sehr. 

Eine Produktstrategie zu verfolgen, heißt vor allem: Nein sagen zu allem, was nicht mit eurer Strategie übereinstimmt und euch nicht euren Zielen näherbringt. 

Jeden Tag werden Feature Requests und Ideen aus allen Richtungen an dich herangetragen. Analysieren wir neun häufige Situationen, in denen du den Mut haben musst, möglichst früh Nein zu sagen. 

Danach gebe ich dir einen Experten-Tipp, wie du solche Situationen leicht erkennst und wie du gut reagierst. 

1. „Wir brauchen das, weil der Chef es will.“ 

Die Lieblingsprojekte des Chefs umzusetzen, bringt dir vielleicht Sympathiepunkte ein. Dein Produkt wird es kaum erfolgreich machen. 

Top-Manager gehören selten zur Zielgruppe des eigenen Produkts. Sie leben in einer Filterblase aus Key Accounts, anderen Top-Managern und Golf-Freunden – pointiert ausgedrückt.  

Der Chef sollte Ziele und Strategie vorgeben, seine Vorlieben sind jedoch nicht die Basis für gute spezifische Produktentscheidungen. 

Hier gebe ich dir Tipps, wie du professionell mit Ideen deines Chefs umgehst, ohne ihn vor den Kopf zu stoßen. 

2. „Das dauert doch nicht lange, lass uns das schnell machen.“ 

Das Feature, das wirklich schnell gemacht ist, muss erst noch erfunden werden. Konzept, Beschreibung, Entwicklung, Testing, Bugfixing: Jedes kleine Feature zieht einen ganzen Rattenschwanz an Aufgaben nach sich. 

Im schlimmsten, aber gar nicht so unwahrscheinlichen Fall, beeinträchtigt das neue Feature andere Funktionen oder verursacht Fehler. Dann geht die Arbeit erst richtig los. 

3. „Wir brauchen das, weil es der Wettbewerber auch hat.“ 

Der Wettbewerber wird sich ja etwas dabei gedacht haben – bist du dir da sicher? Hat er vielleicht ebenfalls vom Wettbewerber kopiert? 

Features des Konkurrenzprodukts mögen durchdacht und sinnvoll sein. Aber du kennst weder genau die Produktstrategie noch die Personas des Wettbewerbers. Ob auch deine Kunden genau dieses Feature brauchen und wollen, ist zumindest fraglich. 

Konzentriere dich ganz auf deine Kunden und du musst dich wenig darum kümmern, was deine Wettbewerber tun. 

4. „Wir brauchen das, weil unser wichtigster Kunde das fordert.“ 

Der Vertrieb kann noch so lange drängeln: Ihr baut euer Produkt nicht für nur einen Kunden. Außerdem repräsentieren die Key Accounts selten die Masse der Nutzer. 

Entwickelst du dein Produkt nur mit Fokus auf die Power-User, gehst du ein großes Risiko ein: Du überlädst dein Produkt mit Features und steigerst die Komplexität (Over-Engineering) und vergraulst dadurch die Normal-Nutzer. 

5. „Wir brauchen das, um diesen Kunden zu gewinnen.“ 

Noch ein typisches Feature Request aus dem Vertrieb, zu dem du aus ähnlichen Gründen Nein sagen musst. Ihr entwickelt nicht für einen Kunden, und schon gar nicht für einen potenziellen Kunden. 

Eventuell gehört der Interessent gar nicht zu eurer Zielgruppe. Und wenn er doch nicht kauft, hast du viele Ressourcen für ein Feature verschwendet, das niemand nutzt. 

6. „Wir brauchen das, weil die Analysten sagen, dass…“ 

Wer beauftragt Analysten? Meist andere Hersteller, die ihre eigenen Interessen verfolgen. 

Einige Analysten haben tatsächlich ein bemerkenswertes Gespür, große Trends zu erkennen und vorherzusagen. Sie haben jedoch den gesamten Markt im Auge und treffen allgemeine Aussagen. Analystenreports sind keine Grundlage, um über konkrete Problemlösungen für eure Buyer und User Persona zu entscheiden. 

7. „Wir brauchen das, weil wir alle die Idee gut finden.“ 

Ihr habt also ein Brainstorming oder eine interne Umfrage gemacht? Schön. Bringt euch leider nicht weiter. 

Innovationen entstehen aus einem tiefen Verständnis eurer Kunden, deren Situation und Herausforderungen. Eure persönlichen Meinungen zählen ebenso wenig wie die des Chefs: siehe oben. 

Du willst mit deinem Produkt die Probleme deiner Kunden lösen und nicht deine Kollegen begeistern. Kannst du deine Kollegen einer eurer Haupt-Persona zuordnen? Eher nicht – vielleicht sind sie sogar Non-Personas

8. „Wir brauchen das, weil das die neueste Technologie ist.“ 

Technologie ist nur ein Mittel zum Zweck. Immer die neueste Technologie zu haben ist nur für einen kleinen Bruchteil des Marktes interessant (Stichwort: Innovators und Early Adopter) – für die Masse eurer Kunden wahrscheinlich nicht.  

Natürlich ist es wichtig, technologisch nicht den Anschluss zu verlieren und Neues auszuprobieren. Experimente gehören jedoch nicht auf die Roadmap eures aktuellen Produkts! 

9. „Wir machen das, damit wir keinen Leerlauf in der Entwicklung haben.“ 

Echt jetzt? Gut, manchmal tut sich eine kleine Lücke im Sprintplan auf, wenn sich ein geplantes Projekt verschiebt oder im aktuellen Sprint kein Platz mehr für aufwändigere Tasks ist. 

Aber wollt ihr wirklich irgendwas entwickeln, nur damit die Entwickler beschäftigt sind? Und das Risiko eingehen, euer Produkt mit einem unnützen Feature aufzublähen oder neue Bugs zu produzieren? 

Die Entwickler können Sinnvolleres tun: Zum Beispiel technische Schulden (technical debts) aufholen oder mit dir zusammen Produktideen validieren. 

So erkennst du sofort, wann du Nein sagen musst 

Du hast sicher bemerkt, dass ich ein „wahrscheinlich“ in den Titel dieses Artikels eingesetzt habe. Warum? 

Zwar ist jede einzelne der genannten Begründungen für ein Feature Request falsch. Das bedeute jedoch nicht, dass sich nicht im einen oder anderen Vorschlag eine gute Idee versteckt, ein echtes Problem deiner Kunden. 

Außerdem willst du nicht als der bekannt sein, der grundsätzlich alles abblockt, was ihm nicht in den Kram passt. 

Wie erkennst du, wann du Nein sagen musst – und wie vermittelst du das clever? 

Mit euren Buyer und User Personas, die alle im Unternehmen kennen, und mit zwei Fragen: 

  • Löst dieses Feature ein Problem einer unserer Haupt-Personas? 
  • Hat ein relevanter Anteil der Kunden, die zu dieser Persona gehören, dieses Problem? 

Wenn ihr eure Personas gut kennt, braucht ihr keine zwei Minuten, um diese Fragen zu beantworten.

Lautet die Antwort auf nur eine dieser Fragen „Nein“?  

Weg damit. Feature Request abgelehnt. 

Das Elegante daran: Du musst nicht mal selbst Nein sagen. Du lässt sozusagen deine Kunden für dich sprechen – und deren Wort müssen alle Kollegen und Chefs wohl oder übel akzeptieren! 

Lies mein ausführliches Tutorial zu Personas und lerne, warum sie im Produktmanagement unverzichtbar sind. 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5 großartige Tools und Vorlagen, mit denen schon über 1.000 Produktmanager erfolgreiche Produkte entwickeln!

Gratis herunterladen!

Du erhältst Informationen für Produktmanager per E-Mail.

Der Nutzung deiner E-Mail-Adresse kannst du jederzeit widersprechen.

Produktmanager Toolbox

Nur noch ein Schritt...

Fenster schließen

Wir haben dir eine E-Mail gesendet.

 

Bitte klicke auf den darin enthaltenen Link um deine E-Mail-Adresse zu bestätigen.

Nach oben scrollen